Probleme

Unbeantwortete Fragen

Ein Todesfall stellt das bisherige Leben auf den Kopf. Nach der Bestattung wartet eine ungewisse Zukunft auf die Trauernden. Fragen nach dem Sinn des Lebens beherrschen den Alltag ebenso, wie die unbeantwortete Frage, wo sich die Verstorbenen befinden könnten. Es ist schwer, den Tod mit allen seinen Folgen zu begreifen. Und während die Gesellschaft von Trauernden erwartet, dass diese sich möglichst zügig wieder in einen „normalen“ Alltag eingliedern, können die Tage für die Trauernden und ihre brennenden Fragen schmerzhaft werden.

Isolation

Dieser Zustand – in dem die Gesellschaft von Trauernden eine schnelle Wiedereingliederung verlangt, zu der diese häufig nicht fähig sind – kann gefährlich werden, wenn Trauernde keine Gemeinschaft finden, in der sie mit ihren Fragen willkommen sind. Zunehmende Ausgrenzung und Fremdheitsgefühle können Trauernde dabei immer stärker in die Isolation drängen. Diese Situation kann auch eine physische Gefahr darstellen. Sowohl (lebensbedrohliche) körperliche, als auch psychische Krankheiten (Suizidneigung, Depressionen) als Folge sind möglich. Trauernde sind auf der Suche nach einer unbekannten Welt und könnten mit ihren Fragen gute Lehrmeister*innen einer – in erster Linie – vernunftgeprägten Gesellschaft werden. Dazu allerdings müssten wir den Trauernden zuhören und sie in unsere Gemeinschaft einbinden, anstatt sie medikamentös ruhig zu stellen um die Diskrepanz zwischen unserem und ihrem Alltag zu vermeiden.

Sehnsucht

Trauernde wissen, dass es ganz leicht ist, „an gebrochenem Herzen“ zu sterben. Die Sehnsucht nach einem geliebten Menschen übt einen derart starken Sog aus, der tatsächlich körperliche Schmerzen bereiten kann. Sämtliche chronische, lebensbedrohliche oder psychische Erkrankungen sind möglich. Wer sich in unserer Welt zunehmend fremd fühlt (siehe Isolation), neigt dazu eine mögliche Dimension Verstorbener zu ästhetisieren und die Sehnsucht die Überhand gewinnen lassen. Es braucht Zeit und Geduld, damit diese Sehnsucht heilen kann. Betrachten wir die Sache aus einem anderen Blickwinkel, so erkennen wir, dass jeder Tag in unserem Leben uns dem geliebten und vermissten Menschen einen Schritt näher bringt. Dieser Gedanke kann tröstlich sein, wenn die Sehnsucht quält.

Entstehung von Krankheiten

Unsere Vorfahren wussten, dass ein Todesfall mit allen aufgeworfenen Fragen und der daraus resultierenden zunehmenden Isolation sowie der mit der Trauer einhergehenden Sehnsucht nach einer anderen Welt gefährlich werden kann. Eine Fülle an Traditionen ist genau aus diesem Grund entstanden, um weitere Katastrophen verhindern zu können. Um Trauenden mit ihren Sehnsüchten und daraus resultierendem labilen Gesundheitszustand einen Halt zu bieten, wurden Trauernde beispielsweise in der Vergangenheit in die Gemeinschaft eingebunden und versorgt.

Die klinische Schulmedizin berücksichtigt diese Zusammenhänge als Faktor bei der Entstehung von körperlichen Krankheiten nur höchst unzureichend. Die Frage, ob Erkrankte selbst einen Zusammenhang zwischen der Krankheit und Geschehnissen in ihrem Leben sehen können, ist von großer Bedeutung. Trauerfälle und schwere Enttäuschungen in der Vergangenheit müssen bei der Behandlung von Krankheiten berücksichtigt werden, da diese Ereignisse mit Resignation und Verlust des eigenen Lebenssinns einher gehen können. Der Gedanke, dass mit dem Verlust der Hoffnung das unbeirrbare JA zum Leben abhanden kommt und erst dadurch die Krankheit entsteht, ist unpopulär und unbeliebt, denn in diesem Falle wäre man selbst mit verantwortlich. Doch eine Heilung ist davon abhängig, ob eine neue Entscheidung FÜR das Leben möglich ist – ob neue Hoffnung aufkeimen kann.

Ein*e Sterbeamme*Sterbegefährte wird in diesem Moment zu einer*einem Lebensamme*Lebensbegleiter, die*der – auch im Fall von lebensbedrohlichen – Krankheiten den Weg in ein neues Leben begleiten kann – ohne die Möglichkeit des Abschieds auszugrenzen.

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